Die Tourenwoche startet wie gehabt; Hans chauffiert uns sicher und problemlos ans Ziel, nämlich ins komfortable Hotel Capetta in Cresta im Averstal. Die TeilnehmerInnen Agnes, Ursi, Yvonne, Alois, Christian, Dieter und Hans kennen das Averstal mit der höchsten ganzjährig bewohnten Gemeinde Juf nur vom Hörensagen, also höchste Zeit, das wunderschöne Tal zu entdecken.
Die Eingehtour startet von Avers Cröt aus. Der Nordhang wurde in dieser Saison schon viel befahren und ist daher im unteren Teil entsprechend ruppig.
Wir sind voller Zuversicht, dass Hansueli -unser Bergführer - noch bessere Hänge finden wird, da er das Tal bereits kennt. Nach dem ersten feinen Nachtessen stellt er uns die morgige Tour vor, die uns zum Bödagrat führen soll. Dichter Nebel und die Lawinengefahr auf Stufe 3 hindern uns jedoch auf ca. 2350 m am Weitergehen.
Dienstag: Entlang dem Graben des Casolbaches unterhalb von Cresta kommen wir auf der Crester Alpa an einer halb eingebrochenen Hütte aus dem 17. Jahrhundert vorbei. Sie sollte uns später bei der Abfahrt als Orientierungspunkt dienen. Harscheisen sind für fast alle eine sichere Aufstiegshilfe. Am Steilhang - im Nebel - werden dann die Spitzkehren kniffliger, was ein paar von uns dazu bewegt, die Skis abzuziehen und zu Fuss weiterzugehen. Auf eine tolle Aussicht auf ca. 2720 m müssen wir auch an diesem Tag verzichten. Auf dem Rückweg bewältigen wir abrutschend und im dichten Nebel die Schlüsselstelle. Nach der Traversierung der erwähnten Alp kann Hansueli die alte Hütte mit dem Kompass punktgenau ansteuern. Von einer Pulverabfahrt bleibt wegen der schlechten Sicht nur das Träumen. Zumindest der letzte Hang offenbart uns dann, wie es hätte sein können.
Mittwoch: Laut Wetterprognose der schönste Tag der Woche. Wir beehren von Juf ausgehend den Piz Surparé. Nach dem Stallerberg, von wo Spuren nach Bivio abgehen, durchqueren wir einen Pulverschneehang und mit jedem Höhenmeter mehr tauchen majestätische Berge wie Piz Julier, Piz Bernina mit Biancograt, Badile und in der Ferne sogar das Matterhorn auf. Die Aussicht auf dem engen Gipfel ist schlichtweg atemberaubend. Endlich geniessen wir auch eine traumhafte Abfahrt, die nach Supplement ruft.
Donnerstag: Von Juf aus starten wir bei Sonnenschein anfangs ohne grosse Steigung Richtung Mingalunhorn. Weiter oben werden einige Spitzkehren nötig und die Frage „mit oder ohne“ wird mit zunehmender Höhe akuter. Die „Mutigsten“ meistern den Gipfelhang ohne Harscheisen. Die Anstrengung wird aber nicht belohnt, denn der Wetterwechsel durch den zusammenbrechenden Föhn kommt schlagartig, so dass wir uns schnell vom Gipfel verabschieden. Der Nebel hat uns erbarmungslos im Griff (Kachelmann wurde zu früh gelobt für seine gute Wetterprognose). Hansueli ist nicht zu beneiden, aber er findet wiederum die richtige Route mit gutem Schnee, der dann allerdings für die letzten 200 Höhenmeter im Bruchharsch endet. Das Eigengebrannte von Agnes und Alois - eine hervorragende Vieille Prune, eingenommen mit einem Schöggeli - wärmt uns am Ende der Tour das geschundene Herz. Bei den Bäuerinnen, die in der Turnhalle oberhalb unseres Hotels zum Gründonnerstagshock eingeladen haben, stärken wir uns bei Kaffee und feinen Kuchen, Torten, Canapés und Zöpfen. Allerlei Köstlichkeiten aus dem Averstal werden vermutlich den Weg in Osternester gefunden haben.
Freitag: Die Abschlusstour startet unterhalb von Avers und die Karfreitag-Kirchenglocken begleiten uns zu Beginn. Vielleicht im Verbund mit etlichen Stossgebeten führt dies dazu, dass sich der Nebel lichtet und die Welt um uns in schönster Pracht erstrahlt. 800 Meter Aufstieg zum Ostausläufer der Grimsla sind unter solchen Bedingungen keine Hexerei. Die Abfahrt lässt keine Wünsche offen, denn mit jedem Schwung werden wir für die mehrheitlich nebligen Abfahrten der letzten Tage belohnt. Agnes und Alois setzen mit dem Offerieren der sehr feinen Vieille Prune die Krone auf die unvergessliche Woche.
Nach der Verabschiedung von Hansueli und Christian verstauen wir beim Hotel, das uns die letzten Tage verwöhnt hat, das Gepäck wohlweislich wasserdicht auf dem Dachträger. Starker Regen nimmt uns sehr bald in Empfang und begleitet uns bis vor die einzelnen Haustüren resp. zum abgestellten Auto/ Velo.
Speziellen Dank an Hansueli für seine hervorragenden Dienste als Bergführer und an Hans für die unverzichtbare und kompetente Rolle als Chauffeur.
Wir hoffen, dass alle gesund und fit bleiben, um auch im nächsten Winter auf Skis die wunderschöne Bergwelt geniessen zu können.
Regula Senn und Urs Hänggi
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