Viel zu spät, aber nun doch mit grosser Freude, folgt mein Bericht über unsere fantastische HTW. Danke für Eure tollen Fotos.
12.07.2010
Baltschiederklausenaufstieg
In der Linkskurve ob Salmufee entsteigen wir dem Alpentaxi und folgen der Suone, welche sich etwa 2km entlang des steilen Osthangs über der Blatschiederschlucht dahin zieht. Nach beschaulicher Mittagspause auf Alp Eiitlini, mittlerweile eine Wochenend-Siedlung, der erste Sandboden (Chiemattu) mit dem Felsklotz, wo ich vor 17 Jahren mit Diego und Zelt eine Paelia genossen hatte.
Erste Steilstufe (Martini), zweiter Sandboden (namenlos auf der 25-ig Tuusiger) und wir sind über der Baumgrenze. Vor und vor allem über uns die Klause - zum Greifen nah – nur noch ne Stunde Wackel und s’ist geschafft. In der Hütte viel Platz, Apéro individuell und nach dem gemütlichen Znacht geniessen wir noch einige Augenblicke die faszinierende Aussicht.
13.07.2010
Drei Türme
So zu sagen als Eingehtour von Dani, unserem Guide, geplant, machen wir uns in der Morgendämmerung auf die Socken Richtung Drei Türme (auf der LK nicht namentlich erwähnt, sondern mit zwei Koten à 3509m vermerkt). Sie liegen im Verbindungsgrat Jägihorn-Breitlauihorn - letzteres vom Guide als Tagesziel vorgesehen.
Schon im oberen Teil des Üssere Baltschiedergletschers haben wir all unsere Klamotten angezogen und der frische Wind nimmt und nimmt nicht ab. Die Kletterei ist äusserst anregend, aber an jedem Stand frösteln wir. So beschliesst Dani, kurz vor der von unserer Aufstiegseite her verfirnten Gratlücke ab zu seilen und wir lassen das Tagesziel rechts liegen.
14.07.2010
Blanchetgrat
Anderntags, vielleicht ein Momentchen früher als gestern, verlassen wir die Wegspuren und überqueren den aperen Innere Baltschiedergletscher. Äs taget. Und ein paar Grad wärmer ist es auch. Endlich wird er erkenntbar, „unser“ Blanchetgrat. Voll Dani- äh! Gottvertrauen hab ich mich natürlich am Vorabend nicht im Führerchen schlau gemacht und im Hinterkopf spuken nur noch so ein paar Wortfetzen wie „...längerer Grat...“ oder „...eine schwierige Platte...“ rum.
Ein herrlicher Einstieg, und nach dem flacheren Beginn folgt im steileren Teil eine dreier Stelle nach der Anderen. Und dann – das sechser Plättli! Die einzigen Bohrhaken in der ganzen Route sind alle hier versammelt und unser Guide, nie um eine Lösung verlegen, hängt in Jedem noch ne Trittschlinge an. So kommt auch Gloisi, der die zweite Seilschaft führt, problemlos hoch. Und rechts können wir stundenlang die eindrücklich steile und glatte SW-Wand des Gredetscher Horelis bewundern.
Aber der Grat ist lang und will und will nicht enden. Nach etlichen weiteren ausgewachsenen Dreiern weichen wir in die linke Seite aus, aber oha, brüchig (wie halt so üblich in den Hochalpen) und lange nicht alles Gehgelände. Schliesslich erreichen wir doch noch den Firn und verzichten Alle gerne auf den Gipfel des Breithorns, der noch ne Stunde vor uns liegt. Immerhin ist es schon fünf Uhr.
Also behufen und über Firn zum Gredetschjoch. Dani teilt dem Hüttenpersonal noch kurz über sein Händi mit, dass wir etwas später kommen werden. Das gleichnamige Horeli verhüllt sein Antlitz nun in Nebelschwaden und in den selbigen seilen wir darauf ab. Folgt noch ein kurzer Gegenanstieg zur Baltschiederlicka, Hufe weg und um Viertel vor Acht ist auch das zweite Abseilen vorbei. Der Hauch eines Gewitterchens entlädt sich in einem einzigen Donnerschlag und nach mildem Zusammenschiss in der Hütte (so gegen Halb Zehn) folgt das wohlverdiente und gute Znacht.
15.07.2010
Hüttenklettergarten
Heut morgen ist es noch bewölkt, nein, kein Scherz von Petrus, das Meteo hatte es ja angekündigt. Carole und Georg, wie schon vor der HTW abgemacht, verlassen uns und, überraschend, auch Beat. Er hätte für den Moment genug vom hochalpinen Fels.
Andrea B. und H. (deren Partner sich schon vor Wochen wegen eines Chnüproblems abmelden musste) verbleiben noch. Also morgen zwei Zweierseilschaften fürs Bietschhorn.
Mittags tuts auf und wir vertreiben den Nachmittag im Klettergarten – unser Ruhetag – so zu sagen.
16.07.2010
Überschreitung Bietschhorn
Wie gewohnt wieder früh raus, etwas ungewohnter unsere Säcke. Aber es handelt sich nur um wenige Gramm mehr, da wir am Abend nicht mehr in unserer nunmehr auch gewohnten Klause übernachten werden – und der Aufstieg zum Bietschhorn ist ja kürzer und leichter als der Blanchet-Grat!
Oben auf dem Üssere Baltschiedergletscher umschwirren uns noch letzte Wolkenfetzen, dann kommt das berühmte, nach NO gerichtete Felsdreieck, das ich von vor neun Jahren mit Egi noch als Wanderweg in Erinnerung hatte. Aber zwei, drei Mal muss man schon Hand anlegen. Die folgende Firnflanke, mit Egi damals ein Genuss, fordert uns nun anständig. Ihre obere Hälfte ist aper und wir drehen Schräubchen. Arme Waden! Dann der letzte Teil des Grates - die zwei Felstürmchen, die von der Klause gar nicht auffallen, machen mir erstaunlicherweise richtig Spass. Wir sind oben, endlich, und meine Zunge unten. Heuer sind wir in der Zeit – also mal ne richtige Gipfelwesper!
Nachdem uns noch ein Touriheli der Air Zermatt begrüsst hat, geht’s nun den angeblich so brüchigen Westgrat runter. Also der rote Turm hat gehalten und bald darauf verlaufen die Wegspuren (Achtung: meist nicht länger als 5m am Stück!) in der Südflanke des berühmt-berüchtigten Grates. Dass hier nicht alles robust ist, erstaunt sogar den Fastanfänger Gloisi nicht! Nach meiner (wenigen) Erfahrung in den Hochalpen erachte ich das als normal. Nur, das Ding ist lang und will auch kein Ende nehmen. Schon von oben haben wir gesehen, dass die Ausgesetztheit nicht allzu arg ist, aber ich spüre meine Müdigkeit nun immer mehr.
Endlich können wir unsere Füsschen für ein paar Minuten auf den Rand des Bietschgletschers stellen, dann stehen wir oben aufm Bietschjoch. Dani verabschiedet sich hier von uns, er hat weitere Abmachungen. Ich habe mich schon während des Abstieges auf dem Westgrat entschieden, mit den beiden guten Andreas in der Bietschhütte zu nächtigen.
Im oberen Teil des Weges vom Schafsberg runter vernichtet man fast mehr Höhe als Distanz. Doch kurz vor Sechs sind wir in der Hütte und beim Apéro.
Dani, tausend mal Dank für Deine super Führung und Planung dieser sehr gut gelungenen HTW. Andrea Blum, Andrea Hecker, Carole Treml, Beat Honegger und Georg Stimpfl, auch Euch vielen Dank fürs engagierte Mitmachen.
Text und Bildredaktion: Rolf Glauser
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