Vor einem halben Jahr schon hab ich’s im Angensteiner Jahresprogramm gelesen: Wanderung durch die Schöllenen, für Senioren geeignet. „Na wartet“, dachte ich mir, „Euch werde ich’s zeigen“. Aber womit kann so ein armer Teufel heutzutage noch eine fröhliche Wandergruppe plagen?
Die Vorbereitungen waren etwas aufwendig: Extra für diesen Tag schickte ich ein kräftiges Tiefdruckgebiet von Westen auf den Weg. Angekommen in Göschenen, wanderten 20 Angensteiner, angeführt von Kulturhistoriker Beat Damian mit den schnellen Beinen, vom Bahnhof zu meinem Stein, mit dem ich mich dazumal für den Betrug mit dem Geissbock rächen wollte. Unter Umgehung der Zollbrücke zurück durchs Dorf, weiter über ein neues Stück Wanderweg auf einer Art modernen Twärrenbrücke aus Aluminium und über die schön geschwungene steinerne Häderlisbrücke. Dort wo die Wasser durch die Enge der Schlucht tosen, lasse ich Wolken zusammenballen für einen rechten Regenguss – Mist! Gerade als dies gelingt, sind sie unter dem Dach der Galerie verschwunden!
So steigen sie unerbittlich und unverdrossen weiter bis zu meiner Brücke - inzwischen ist dort ein Gewirr an Verkehrswegen mit entsprechendem Lärm, 3 Brücken übereinander und von der ältesten sind noch die Reste unten an der Reuss zu sehen.
Beim Suwarow-Denkmal betritt die Gruppe Russisches Hoheitsgebiet, ich möchte einen Atomkrieg anzetteln, aber dafür fehlen alle Voraussetzungen, möglicherweise kann ich dem Fritz noch eine Erkältung anhängen, der „oben ohne“ durch die Schlucht wandert. Um meinen Aktivitäten unbemerkt nachgehen zu können, verstecke ich mich hinter einem Baugerüst, normalerweise bin ich am Tunneleingang der heutigen Kantonsstrasse zu sehen.
Die idyllische Aussicht vom Urner Loch ins Urserental, von Malern und Dichtern besungen, ist jetzt schon durch Strassen und Militärbauten verunziert und wird bald mit einem Ferienhaus-Ressort endgültig zugepflastert sein – recht so, Idyllen sind mir eh zuwider.
In Andermatt wird mir doch endlich eine Katastrophe gelingen: Durch den schneereichen Winter von langer Hand vorbereitet, fährt das Postauto erst ab morgen, was werden sie tun? Nein tatsächlich, es stehen 2 PW’s bereit und Ursi als mit allen Wassern gewaschene ÖV-Fahrerin, geübt im Improvisieren bei Pannen kommt plötzlich mit einem roten Mobility-Auto vorgefahren! Die vorbereitete Wolke regnet sich aus, während alle im Auto sitzen, beim nächsten Guss schmausen sie im altehrwürdigen Hospiz am Gotthardpass. Die Totenkapelle ist heute ohne Tote, die Tremola samt Gotthard-Postkutsche und Pferden wird vom Nebel verschluckt. Zurück nach Andermatt und endlich eine kleine Genugtuung: Es gelingt den kleinen Wandertrupp, der dem Rest der Gruppe auf der gepflästerten Kunststrasse entgegenläuft, abzuduschen.
So geht ein arbeitsreicher Tag zuende, für mich ohne jeglichen Erfolg: Alle Angensteiner kehren wohlbehalten und bester Laune zurück nach Basel.
Teuflischer Bericht in Text und Bild, übermittelt durch Andrea Hecker
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