Vor mittlerweile 9 Jahren und 2 Monaten war das damals frisch gebackene Tourenleiterchen Gloisi mit Andrea und Jörg im Eisbruch des Mer de Glace. Die Andern hatten das Bähnchen von der Aiguille du Midi vorgezogen (kein Mont Blanc by fair means) und unser Guide Dani musste uns schon Freitag Abends wegen neuer Kundschaft verlassen. Obwohl wir unterhalb Montenvers in der Sonne standen, war diese schreckliche Ecke (Les Drus/Aguille Verte/Grandes Jorasses) des wundervoll-grauenhaften Granitmassivs den ganzen Tag in Wolken gehüllt!
01.07.2011 - Hüttenanstieg
Dank unserem Korsarenchef Chrigel stehen wir nun wieder in Montanvers und nehmen den meist beleiterten Hüttenweg, den ich bis jetzt kenne, zum Refuges du Couvercle unter die Füsse (und Hände). Es ist nicht der Normalweg, weil er vier mal so viele hat, wovon ¼ wieder bergab gehen! Nach Querung eines riesigen Plattenbuckels entschwindet er schier steil im Himmel und, oh ha lätz, stehen wir auf der Tête du Couvercle (2735m), wenige 100m vom Refuges (2687m) entfernt, getrennt durch heimeliges Rasengelände. Die Aussicht raubt mir fast den Atem, vis-à-vis der Nordwand der Grandes Jorasses (und des plötzlich flachen Geländes)!
Als wir unterhalb der (nun viel höher liegenden) Zunge des Glacier de la Charpoua standen, wies uns der Chefpirat auf unendlich steile Granitfluchten hin, wo wir morgen dann leicht klettern würden (La Nonne) - speziell auf das Rasoir.
In der Hütte dann eine äusserst gemütliche Crew – merci Chrigel, mindestens hier hast Du nicht zuwenig versprochen.
02.07.2011 – La Nonne
Um Vier der Wecker – bescheidenes, aber gutes Zmorge – um Fünf raus und um Sieben am Einstieg. Der Firn nicht sonderlich steil (45°), der Fels sieht gluschtig aus – dummerweise ist der erste Riss zu schmal, um sich darin hoch zu stemmen und die Kanten haben keine Tritte - ein Knorz. Bald jedoch wird das Gelände angenehm für schöne Kletterei.
Wenige Seillängen unterhalb des Gipfels queren wir in die Ostflanke und erreichen ihn (fast – in Anbetracht der vorgerückten Stunde verzichten wir auf die letzten 15m des von uns aus überhängenden Gipfelturms). Ausgiebige Rast.
Nun kommt nach kurzem Abseilen das Rasoir – nebst einigen Möglichkeiten für Friends und Keile finden wir sogar 1-2 geschlagene Haken – ein wahrer Klettergenuss mit schrecklichem Tiefblick!
Wir steigen wieder die Ostflanke ab und erreichen ohne abzuseilen den Gletscher am Beginn der Brèche Nonne Evêque. Echtes Klettern ohne Bohrhaken – ja Chrigel, Du hattest recht, die geschriebenen Führer sind hier unbrauchbar, man muss seiner Nase folgen.
Zurück bei der Hütte treffen wir Luki (unsern Guide Lukas Iten) und Andrea Blum, wir sind komplett. Übernachten in Zimmer 6: die zuerst aufstehn, schlafen zu oberst!
03.07.2011 – Les Droites
Tja ja, wir stehen wirklich früh auf – 1 Uhr. Um Zwei beginnt der lange Nachtwackel (va. über den Glacier du Talèfre), in der Dämmerung stehen wir unten am Couloir. Zweiter Pickel raus (Andrea Hecker und Jörg mit nur einem Stöckchen sind jeweils in der Mitte der beiden Seilschaften) und hoch – s’ist nicht steil (45°) und nicht lang (etwas über 200Hm). Oben stellt sich die Flanke zwar zunehmend auf, aber unser Weg nicht – das nennt man Gehen im Mont-Blanc-Granit!
Die Sonne erreicht uns bald (Südflanke) und endlich machen wir kurz Pause für das zweite Frühstück. Nach weiteren 150Hm in kombiniertem Gelände erreichen wir ein steiles Firnfeld. Hier kreuzt uns ein Guide mit seinem Gast – wir haben ihre Stirnlampen heut Morgen ne Stunde vor uns im Couloir gesehen.
Gloisi darf das dritte Seil auf einem Felsblock deponieren. Wenig später mündet obgenanntes Firnfeld auf einen kurzen Schneegrat und es bleiben keine 100Hm (schon wieder) Kombiniertes bis zum Gipfel.
Wir sind oben (Gipfel- und andere Fotos)! Luki verrät uns so nebenher, dass wir bereits zwei Stunden hinter dem Zeitplan seien (tja, grössere Gruppen…) und somit geht’s schon wieder runter, ohne Gipfelrauch für mich.
Gleicher Weg zurück, es scheint der Normalweg (ausser dem Couloir, das im Spätsommer mangels Schnee sicher nicht mehr begangen wird) auf die Droites zu sein. Ich bin einmal mehr erstaunt, wie „flach“ das Gelände von oben erscheint. Abseilen durchs Couloir, noch ca. eineinhalb Stunden Gletscherwackel und wir sind wieder zurück im Couvercle.
Die drei „Jungen“, Luki, Chrigel und Andrea B. verlassen uns, weil am Montag die Arbeit wieder ruft, während sich die drei „faulen Alten“ Andrea H, Jörg und Gloisi noch ne gemütliche Nacht in der Hütte gönnen.
Lukas Iten und Christian Preiswerk, herzlichen Dank für Eure kompetente Planung und super Führung, Andrea Blum, Andrea Hecker und Jörg Kuhn, Euch ebenso fürs engagierte Mitmachen.
Text und Bildredaktion: Gloisi (Rolf Glauser)
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