Wie es dazu kam
Familienferien in Verbier 1977:
der Grand Combin lockt mit seinen Gletschern …weiterlesen
Wie es dazu kam Familienferien in Verbier 1977: der Grand Combin lockt mit seinen Gletschern Haute Route mit Monique 1994: die Besteigung des Combin lag damals nicht drin. Der Grand Combin war also schon seit langer Zeit auf meiner Wunschliste und die Aussicht, alle 4 Gipfel zu überschreiten mit der Möglichkeit eines abenteuerlichen Abstieges ließ meinen Entschluss reifen die Tour aufs SAC Programm zu nehmen. 3x2er Seilschaften müssten es sein, damit wir mit 3 Seilen a 50m in den Abseilstrecken gut vorankommen würden. Dass eine obligatorische Trainingstour nötig wurde war mir zum Vornherein klar.
Trainingstour Spillgerten E-Grat Am 2.Juli 06 Morgens um ¼ vor 8 war’s dann soweit: 4 Teilnehmer saßen wie abgemacht im Hotel Spillgerten und erwarteten mich. Sie waren alle merkwürdig still, so etwa wie vor einer Prüfung kam es mir vor. Wir stiegen zur kleinen Scheidegg auf und weiter in nun etwas forscherem Tempo bis zum Einstieg. Konditionstest bestanden. Nun geht’s nicht mehr um Geschwindigkeit, sondern um sauberes Gehen. Diese Tour entspricht etwa dem, was wir antreffen werden, nur viel kürzer. Die Stimmung lockerte sich nach und nach. Ein rassiger Abstieg und bald saßen wir alle glücklich und gelöst im Horboden.
Die Tour Statt 6 waren wir zu fünft; mein erster Gedanke: wir brauchen länger zum Abseilen, da wir nur zwei Seile haben werden. Auf dem Place de Commune in Bourg St Pierre treffen wir uns am Freitag morgen um 10. Eine gute Stimmung begleitet uns auf dem Hüttenweg in die Cab. Valsorey. Es lohnt sich, dass wir frühzeitig gestartet sind: Düstere Wolken sorgten kurz nach der Ankunft in der Hütte für einiges Nass. Der Hüttenwart meinte aber „le temps est mieux demain“, was mich zuversichtlich stimmte. Die untergehende Sonne verzauberte die umliegenden Berge. Um 3 gab’s Z’morge und eine 1/2 h später stolperten wir im Licht der Stirnlampen dem Col Meitin entgegen. Anseilen und los ging’s. Die Kletterstellen wurden neu abgesichert, was wir dankbar annahmen. Merci Monsieur Buémi. Im mittleren Teil des 1. Aufschwungs kurze Diskussion über den Weiterweg. Rechts oder links hinauf? Es war nur eine alte Schlinge, welche nach links lockte. Also ging’s rechts weiter. Der Neuschnee vom Vorabend verlangte erhöhte Vorsicht. Dann tauchte das Gipfelkreuz des Combin de Valsorey im Nebel auf. Energie nachtanken, umstellen auf Schnee und Eis. Auf dem Gipfel des Grafeneire begrüßte uns moderne Technik. Der Entscheid für die ganze Traversierung fiel einstimmig aus. Vor dem Croissant eine Pause. Der folgende Steigeisenparcour, als Sondereinlage meinerseits, erforderte ganzen Einsatz; die Eisschrauben vermittelten ein gewisses Sicherheitsgefühl. Die Mur de la Cote war ein aufgeweichter Schneehang. Ein T-Schlitz und 100m Seil ermöglichen für die ersten 4 ein sorgenloses Absteigen. Rolf machte den Schluss tipp top.
Nun war’s an Dani zum Combin de Tsessette hinauf zu spuren. Nebelschwaden und Sonnenschein wechselten sich ab und gaben den Blick auf das kommende Abenteuer frei. Es folgte eine Abseilfahrt wie ich sie von den Dolomiten her kannte: Senkrecht und luftig. So hat sich’s wahrscheinlich nicht jeder vorgestellt. Nach den ersten 40m abseilen müsste man 15m abklettern, so die Beschreibung. Der Gedanke daran ließ mich erschaudern. Ein mitgenommenes Stück Seil ermöglichte einen großen Block zu umfassen und die folgenden 20m bis zur 2ten offiziellen Abseilstelle zu überbrücken. Bei der 3ten Abseilstelle hat das Seil oberhalb von mir einen kopfgroßen Stein gelöst; der traf meinen Oberschenkel. Es entlockte mir einen Fluch und ergab sofort eine große Geschwulst. Auf dem weiteren Abstieg musste ich mich zusammenreißen. Ein Felskopf, welcher wahrscheinlich früher mit Firn bedeckt problemlos zu bewältigen war, versperrte den Weiterweg. Keine Chance zum Abklettern, so lose war der Fels. Wie hier eine zuverlässige Abseilverankerung einrichten? Ich beschloss von meinem Seil 10m abzuschneiden, um mit einer langen Schlinge möglichst viel losen Fels zu umfassen. So viel Felsmasse wird schon halten. Es klappte und der Weiterweg stand offen. Ein weiterer Aufstieg zur Tour de Boussine. Die Farbe des Sonnenlichtes erinnerte daran, dass auch dieser Tag zu Ende gehen wird. Vom Gipfel aus meldeten wir in die Cab. Chanrion, dass es Mitternacht werden kann. Handy sei Dank. Über den Ostgrat steigen wir bis zum P 3386 ab. Ein kurzer Schneegrat, dann die Sicht auf weitere Grattürme. Nein, wenn wir diese noch alle überschreiten müssen, kommen wir nicht mehr runter! Die elektrische Ladung eines nahen Gewitters, welche das Gefühl von Spinnen am Kopf verursacht, beschleunigte den Entschuss rechts die steile Flanke abzusteigen. Die Kombination gemeinsamer Ideen den richtigen Weg zu finden führte uns erfolgreich auf den Gletscher hinunter, was bei allen Erleichterung hervorrief. Ab P 3008 montierten wir wieder die Stirnlampen. Eine ermüdende Geröllrinne führte uns zu zwei Seelein auf 2600m hinunter. Unterdessen ist zu spät geworden um noch bis zur Chanrion zu kommen. Mehr als 20h unterwegs ist genug. Wir verbringen die Nacht im weichen Gras zwischen den Felsen. Das Aufstehen und Anlaufen um 5Uhr machte mir große Mühe. Mein Bein wollte nicht wie ich. Über wunderbare Alpweiden ging’s hinunter zum Mauvoisin Stausee und der Strasse entlang zur Staumauer. Dass wir im gleichnamigen Hotel wegen Bequemlichkeit des Personals kein Morgenmessen mehr bekamen war nicht weiter tragisch. Die Eindrücke der Tour waren noch allzu stark in Erinnerung. Jeder hat zum Gelingen seinen Beitrag geleistet und das ist es doch, was die Erlebnisse besonders wertvoll machen.
23.Juli 2006 Max Kräuchi
Besatzung: Max Kräuchi (TL), Daniel Scholer, Helmuth Walter, Rolf Glauser, Werner Kobel
Lieber Max, vielen Dank für Deine super Arbeit und gute Besserung am Oberschenkel. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg und werden uns fürs nächste Jahr was Ebenbürtiges einfallen lassen. Ich umarme Dich.
Rolf
Redaktion: Rolf Glauser ⇐
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