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Eigentlich darf man schon annehmen, wenn man auf irgend einem Gebiet ein grosses Ziel erreicht hat, man (frau) dann da die DingInnen lockerer angehen kann. So geschehen bei Stefan Wullschleger, der meines Wissens vor etwa zwei Jahren seinen letzten 4000er der Alpen auf der UIAA-Liste erklommen hat (die Aiguille Blanche de Peuterey). Nun darf unsere Sektion eine neue Rubrik eröffnen: GENUSSTOUREN MIT STEFAN 40+/- für alle GeschlechterInnen! (liebe Redaktion, bitte sofort ein neues Ikon in den CN kreieren)
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Mit einigen der ersten Sesselchen ruckeln und schwankeln wir von Champex den Grands Plans entgegen, krampfhaft die wie immer zu schweren Rückenquälerchen festhaltend. Südlich entlang der La Breya gehts der Cabane d'Orny entgegen, verhüllt durch gnädige Nebelschwaden, welche uns die schauderhaft-grässlichen Tiefblicke ersparen. Kurz vor der Hütte lichten sich die menschenfreundlichen Geschwade und enthüllen die Gebirgswelt in einem schon leicht goldig-herbstlichen Licht. Schnell die Säcke erleichtert und gestärkt streben oder zittern wir dem Einstieg entgegen: Die Südkante der Aiguille d'Orny! - 1 Classique sud 5a im plaisir west (S. 95, 2004) - ausgerechnet der steilste Zahn in der Nähe der Hütte. Wenigstens scheint die Sonne. Stefan findet das Startplättchen auf Anhieb und nach dem halbstündigen Gestolpere und Gerutsche über das üble Gerümpel zwischen Gletscher und Fels sind wir fast schon froh, öbbis Rächts in den Händen zu haben. Warming up mit einer 3c, hochschalten in 4a, Überlandfahrt dreimal mit 3c und schon stehen wir auf einem Känzelchen. Dahinter sieht der Gipfelaufbau schier unbesteigbar aus. Doch das listige Rütelchen ist raffiniert angelegt. Einem ersten Überhang weicht das possierliche Linielchen nach links aus und schwingt sich dann gerissen in Z-Form ein von unten glattes Plättchen hoch, auch den zweiten Überhang nach links austrixend. Nun sollte gemäss Topo das Schlussbuket mit 5a folgen, doch der kurze Ausstieg erweist sich als müde 2, vielleicht haben wir einen Stand übersehen? Was solls, wir sind alle hell bergeistert. Zum Dessert eine Länge ein schattiges Wändchen abseilen und, wir sind schliesslich am Rande des Montblanc-Granit, Abstieg durch einen mit wüsten Blöcken und Geschmiere angefüllten Riss runter zur Hütte.
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Früh sonntags raus und den Gletscher hoch mit Stirnlampe - Hochtourenfeeling. Am Col d'Orny geht die Sonne auf, vor uns, scheinbar noch weit weg, die doppelzackige Aiguille du Tour. Und auch Bergsteigerkolonnen von der Cab. du Trient. Wir lassen jedoch die Tour und die Purtscheller vorerst nördlich stehen und kreuzen nun die noch längeren Kolonnen vom Ref. Albert 1er am Col Sup. du Tour, runden den SW-Grat der Purtscheller und steigen kurz wieder den Gletscherkessel hoch. Oha Lätz, just scheint die Sonne ins Couloir, das zur Arrête du Table hoch führt. Für uns ist der Tisch nicht mehr gedeckt! Stefan fällt den richtigen Entscheid: eine Stunde früher oder später ja, jetzt nicht! Wir wenden unverrichteter Dinge und besteigen die Tour nun über den Normalweg, wenigstens sind die Heerscharen wieder unten. Ein traumhaftes Panorama! Der Weg zurück zur Hütte zieht sich und zu den Grands Plans ist es noch etwas weiter, nun müssen wir auch noch den grauenhaften Tiefblick ertragen. Zum Trost leuchtet der Combin steuerbord voraus. Nachdem die heikle Fahrt auf den Schaukelbänkchen auch noch überstanden ist, können wir uns auf dem Parkplatz endlich der nun auch quälend gewordenen Böller entledigen und machen uns zutiefst befriedigt auf die Heimfahrt.
Vielen Dank, Dir, Stefan und Euch Allen für dies wunderschöne Wochenende (und Dir, Dani, für die Kletterfinken).
Stefan Wullschleger (TL), Yvonne Wullschleger, Peter Rohringer, Dani Neuhaus und Rolf Glauser (Griffelschwinger) ⇐
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