Der jährlich stattfindende „Abschöntag“ in Göschenen hat den Zweck, die Schäden an Alpweiden, verursacht durch Lawinen- und Rüfenabgänge, zu beheben.
Im Laufe der Jahre hat sich dazu eine Art Arbeitsgemeinschaft gebildet, bestehend aus der Korporative und der Bürgergemeinde von Göschenen sowie Freiwilligen von verschiedenen Sektionen des SAC (Aarau, Angenstein, Lindenberg, Pilatus und Uto), die eine Hütte in der Region betreiben (Angenstein die Bergseehütte).
Am Samstag 24. Mai war es wieder soweit. Bei der Ankunft in Göschenen packen die meisten der rund 3 Dutzend Angereisten zuerst den Regenschutz aus. Wir werden alsbald in das Weidegebiet ca. 2 km oberhalb des Dorfes gefahren, wo uns ein umfangreiches Lunchpaket überreicht wird. Wir können uns glücklicherweise von den Regensachen trennen, denn es hellt markant auf.
In unserem Einsatzgebiet, einem relativ steilen Hang, liegen Bäume kreuz und quer. Diese werden zuerst von Jugendlichen aus Göschenen mit Kettensägen zerlegt und dann von vielen Händen die Stämme als Brennholz verladen und kleinere Äste zu grossen Haufen („Schochen“) aufgeschichtet und angezündet. Steine werden weggeräumt.
Zum Mittag versammelt sich eine grosse Schar - darunter befinden sich auch Familien mit Kindern, die es gerade schaffen, auf eigenen Füssen zu stehen - zur Grillparty um das Feuer.
Am Nachmittag ist der Einsatz gegen 15.30 Uhr zu Ende. Einige machen sich auf den Heimweg, andere auf die eineinhalbstündige Wanderung in‘s „Gwüest“ zum Hotel Göscheneralp zur Übernachtung. Das Feierabend-Bier wird auf der sonnenbeschienen Terrasse genossen. Nach den Älplermakronen ist dann für die meisten Bettruhe angesagt.
Am Sonntagmorgen erwartet uns Bernhard Mattli – Eisenbahner, Sicherheits- und Rettungschef, Jäger und auch Familienvater – zur Führung. Ab der Staumauer geht es bergauf Richtung Chelenalphütte. Auf der gegenüberliegenden Seite ist der Hang mit etlichen Skitourengängern übersät, die den Lochberg in Angriff nehmen.
Auf dem Hochmoor angelangt, sichtet Bernhard einen Auerhahn, dessen rote Augenstreifen durch den Feldstecher gut sichtbar sind.
Unser Führer deutet auf die Stelle im See, wo vorher das Dorf war. Nach einer unheilvollen Lawine aus dem Nordwesthang des Planggenstock wurde es aufgegeben und dem Bau des Stausees (1954) stand nichts mehr im Wege. Am Ende des Sees beobachten wir etliche Gämsen. Weiter hinten im Tal stossen wir auf einen riesigen Lawinenkegel, der Anriss am Schneestock ist noch sichtbar.
In der „Hinter Röti“ holt Bernhard, zur Überraschung aller, ein paar Flaschen Weisswein und Geknabber aus dem Rucksack und wir machen es uns gemütlich bei seiner Jagdhütte. Nach der ausgedehnten Pause mit Wildbeobachtung geht es zügig zurück zur Staumauer.
Im Gefühl, etwas Sinnvolles getan zu haben und gleichzeitig die Natur hautnah erlebt zu haben, machen sich alle auf den Heimweg.
Urs Hänggi
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